Ein Tag am See
Um den Starnberger See ranken sich viele Geschichten und Mythen. In der Nähe wuchs die berühmte Sissy (spätere Kaiserin von Österreich) auf Schloss Possenhofen auf. Ein malerischer See – wie gemacht für mysteriöse und tragische Geschichten. Ludwig II soll sich hier das Leben genommen haben….
Hier wohnen auch berühmte Leute aus der Musikbranche und zeitweise soll auch ein König aus dem Ausland in seiner schicken Villa am See residieren.
Was zieht die Aristokratie an diesen See in der Nähe von München? An nur einem Tag dort am See wurde mir schnell klar, was es sein könnte: Die Ruhe und Schönheit der Natur! Es war Mitte Oktober – die Welt schien wegen Corona fast still zu stehen. Überall Verbote und Einschränkungen… am See war nichts davon zu spüren. Ein kleines Stückchen Freiheit in einer aus den Fugen geratenen Welt.
Schon morgens schien die Sonne hell und fröhlich und kitzelte meine Nase. Aufstehen war ein Muss – denn es zog mich magisch nach draußen an den See, von dem ich bereits soooooo viel gehört aber noch kaum etwas gesehen hatte. Nur wenige Minuten von der Wohnung bis hinab zur Straße, die ich queren musste, um über einen schmalen Pfad an den See zu gelangen. Und dann lag er vor mir – ruhig und friedlich und irgendwie magisch. Es war kein Laut zu vernehmen – nur das leise krächzen von Raben und der Flügelschlag von Wasservögeln, die ab und zu davonstoben.
Einige Holzhütten – wohl Bootshäuser – säumten den Fußgängerweg am See. Ein leises Wispern durch den Wind strich über die Uferbepflanzung und ab und zu hüpfte ein Fisch mit beim wässrigen Plopp aus dem Wasser, nur um gleich wieder unterzutauchen. Sonst nur Stille – unendliche Stille. Ich nahm einen tiefen Atemzug dieser frischen – wie sauber gewaschenen – Luft. – Herrlich! – Gleich nochmal und mehrere tiefe Atemzüge wiederholte ich das Ganze. Erfüllt von frischer Luft begann ich meine Laufrunde am See entlang und begegnete dabei unterschiedlichen Menschen – jungen und älteren, Müttern mit Kindern im Kinderwagen oder auf dem Kinderfahrrad, Hundebesitzer, die ihre Fiffis, Bellos und Wauzis stolz ausführten.
Eine Dame warf ein Stöckchen in den See und ihr junger Hund stürzte sich begeistert in die Fluten, schwamm dem Hölzchen hinterher, schnappte es mit seinen Zähnen und kehrte dann stolz wie Bolle zum Sandstrand zurück, schüttelte sich wild, so dass die Tropfen nur so flogen, setzte sich dann hin und wartete hechelnd auf eine Belohnung wie ein abermaliges Werfen des Stöckchens.
Weiter oben kam ich an einem Strand-Café vorbei, das zu dieser frühen Stunde leider noch geschlossen hatte. Aber das weiße Gebäude mit den einladenden großen Fenstern und der liebevoll eingerichteten Terrasse mit Tischen und Stühlen wirkte sehr heimelig auf mich. Ich kam vorbei an hohen Bäumen und von Buschwerk versteckten Stegen, die ins Wasser führten. Auf einem Steg tummelten sich ältere Leute in Badekleidung. Ein Mann sprang mutig ins Wasser und eine Dame kletterte gerade aus dem See während eine andere Dame sich bereits mit einem großen flauschigen Badetuch abtrocknete. Ich schüttelte lächelnd den Kopf. Sooooo warm war es nun auch wieder nicht, um im See schwimmen zu gehen – aber die Geschmäcker sind bekanntlich verschieden.
Hinter einem Schotterparkplatz führte der Weg in bewaldetes Gebiet und etwas weg vom See. Ich konnte verwitterte Hütten hinter wettergegerbten Mauern und Zäunen erkennen, die im Dickicht verborgen lagen. Der Wind rauschte hier sanft in den Blättern und ließ das Sonnenlicht wie Morsezeichen durchblinken. Etwas weiter war eine Weide mit Schafen und Pferden, die in Ruhe grasten und unbeteiligt aufblickten, als sie mich vorbeijoggen hörten.
Nach einiger Zeit führte der Weg wieder dicht an den See. Hier konnte ich ein Motorboot über den See flitzen sehen. Etwas weiter weg glitten Segelboote majestätisch über das Wasser. Die Oberfläche des Sees glitzerte wie eine Fläche voller Edelsteine. Über mir ratterte ein kleines Sportflugzeug zur gegenüberliegenden Uferseite. Dann wieder Stille, die lediglich von Kinderlachen durchbrochen wurde. Ich schaute mich um und entdeckte spielende Kinder am Strand. Bei genauerem Betrachten sah ich, dass dazu ein Strand-Kaffee auf einem Holzsteg gehörte, auf dem sich einige Menschen tummelten und auf den See hinaussahen. Da ich bereits eine Weile unterwegs gewesen war, entschloss ich mich hier kurz Rast zu machen und einzukehren. Als zweites Frühstück gönnte ich mir einen großen Milchcafé, der mir mit einem Herzchen in der Schaumkrone serviert wurde. Dazu ein extra cremiger Käsekuchen. Genau das Richtige für mich. Einfach den Blick in die Ferne über den ruhigen See schweifen lassen…. Ruhe wie aus der Werbung….
Später joggte ich weiter und entdeckte einen einsamen Steg, der weit in den See hinausführte. Langsam lief ich bis zum Ende und schaute in das klare Wasser….die hölzernen Stufen wirkten geheimnisvoll wie sie so scheinbar samtig-grün im Sonnenlicht im Wasser schimmerten. Die Sonne schien hell und wärmte mein Gesicht, als ich mich auf den Stufen niederließ, Schuhe und Strümpfe auszog und die Füße in das kühle Nass tauchte. Ich lehnte den Kopf zurück, schloss die Augen und genoss die Sonne auf meinem Gesicht. So muss das Paradies sein…
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